Die FDA-Datenbank zeigt mehr als ein Dutzend Warnschreiben zu 21 CFR 820.72. Die Kalibrierung ist ein wohlverstandenes Thema, und doch sehen wir oft Probleme damit. Kalibrierung wird in ISO 13485:2016 unter 7.6, Kontrolle von Überwachungs- und Messgeräten, und in 21 CFR 820.72, Inspektions-, Mess- und Prüfgeräte, behandelt. In den Abmahnungen der FDA finden sich oft ähnliche Probleme rund um das Thema Kalibrierung von Messgeräten wieder. In diesem Artikel diskutieren wir die 5 häufigsten Fallstricke, die Sie vermeiden sollten.
Bevor wir über die häufigsten Probleme bei der Kalibrierung sprechen, möchten wir mit einer grundlegenderen Frage beginnen:
Warum ist die Kalibrierung von Messgeräten in der Medizintechnik wichtig?
So wie ein Musiker sein Instrument stimmen muss, um einen genauen und gleichmäßigen Klang zu erzielen, so müssen Sie auch Messgeräte kalibrieren, um eine genaue und zuverlässige Messung sicherzustellen.
Bei der Herstellung von Medizinprodukten verwenden Sie verschiedene Messgeräte (z. B. Mikrometer, Messschieber, Zugprüfgeräte usw.), um sicherzustellen, dass Ihre Produktion den Anforderungen entspricht und innerhalb der Spezifikationsgrenzen liegt.
Regelmäßige Überprüfungen dieser Messgeräte sind unerlässlich, um korrekte Informationen zu gewährleisten und Messfehler zu vermeiden.
Aus diesem Grund wurden in der ISO 13485 Kalibrierungsanforderungen festgelegt.
Diese Anforderungen werden in der Praxis leider oft nicht so umgesetzt, wie es vorgesehen wäre.
Aus unserer Erfahrung und Daten aus FDA Warning Letters bzgl. Kalibrierung, haben wir die häufigsten Fehler zusammengefasst.
Problem Nr. 1: Kein Kalibrierungsverfahren
… einer der häufigsten und offensichtlichsten Fehler bei der Kalibrierung.
In der ISO 13485:2016 heißt es:
“The organization shall document procedures to ensure that monitoring and measurement can be carried out and are carried out in a manner that is consistent with the monitoring and measurement requirements."
und in ähnlicher Weise heißt es in 21 CFR 820.72:
"Each manufacturer shall establish and maintain procedures to ensure that equipment is routinely calibrated…".
Dies scheint eine leichte Übung zu sein. Doch Warnschreiben zeigen, dass Unternehmen häufig über kein dokumentiertes Kalibrierungsverfahren verfügen.
Problem Nr. 2: Fehlende spezifische Informationen im Kalibrierungsverfahren
Sie haben ein Kalibrierungsverfahren? Sehr gut! Somit haben Sie den häufigsten Fehler bereits vermieden. Doch nun kommen wir zum nächsten Problem: in Ihrem Kalibrierungsverfahren fehlen essenzielle Informationen.
Während die FDA klare Vorschriften zum Inhalt des Verfahrens gibt, z. B. "spezifische Anweisungen und Grenzwerte für Genauigkeit und Präzision", zeigen Warnschreiben, dass folgende, wichtige Informationen oft fehlen:
Welche Geräte warten Sie in welchen Abständen?
Was sind Ihre Vorschriften für die Handhabung, Konservierung und Lagerung der Geräte, damit die Genauigkeit und die Gebrauchstauglichkeit erhalten bleiben?
Welche Anforderungen haben Sie für die nachträgliche Überprüfung/Bewertung/Analyse für Produkte, bei denen festgestellt wurde, dass Messgeräte außerhalb der Grenzen einer akzeptablen Kalibrierung
Problem Nr. 3: Sie tun nicht das, was Sie sagen!
Ein solides, gut dokumentiertes Kalibrierungsverfahren ist schon mal die halbe Miete. Allerdings gilt, wie so oft: was dokumentiert wurde, sollte auch in der Praxis Anwendung finden.
Mehrere Mahnschreiben zeigen, dass Nachkalibrierungen nicht durchgeführt wurden. Auch wenn spezialisierte Tools hilfreich sein können, um Fälligkeitstermine zu verfolgen, gibt es auch andere, kostenlose Lösungen, um sicherzustellen, dass Sie keine Rekalibrierung mehr verpassen.
Problem Nr. 4: Keine End-of-Life-Kalibrierung.
Ein weiterer Fehler, den wir häufig beobachten, ist die Nichtdurchführung einer End-of-Life-Kalibrierung. Nach der allerletzten Messung, die Sie mit einem Gerät durchgeführt haben, müssen Sie das Gerät ein letztes Mal kalibrieren, daher der Begriff "End-of-Life"-Kalibrierung.
Weniger teure Messgeräte, wie z. B. bestimmte Stoppuhren, werden oft neu gekauft, anstatt sie neu zu kalibrieren. Die Neuanschaffung ist nicht das Problem, wohl aber die fehlende Rekalibrierung des alten Geräts. Die folgende Grafik erklärt, warum:
C0...Kalibrierung zu Beginn der Lebensdauer eines Geräts
C1...Erste Rekalibrierung zeigt, dass die Zeitspanne zwischen der Kalibrierung zu Beginn der Lebensdauer eines Geräts und der Rekalibrierung in Ordnung ist
Cn...n-te Nachkalibrierung zeigt an, dass die Zeitspanne zwischen der ersten Kalibrierung und der n-ten Nachkalibrierung in Ordnung ist
In diesem Fall führt das Fehlen von Cn dazu, dass Sie nicht beweisen können, dass die Zeitspanne zwischen C1 und dem Ende der Lebensdauer eines Geräts in Ordnung ist.
Für viele scheint es kontraintuitiv, Geld für die Neukalibrierung des alten Geräts auszugeben, bevor Sie es außer Betrieb nehmen. Es ist jedoch notwendig, um sicherzustellen, dass alle Messungen korrekt erfasst wurden.
Abbildung 1 hilft auch bei der Beurteilung, welche Häufigkeit für eine routinemäßige Kalibrierung von Geräten angemessen ist. Eine kürzere Zeitspanne zwischen zwei Kalibrierungspunkten birgt weniger Risiken. Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie oft die Geräte neu kalibriert werden sollten, ist es besser, mit kürzeren Zeitabständen zu beginnen und diese im Laufe der Zeit (und des Wissens) schrittweise zu erhöhen.
Der MDSAP-Auditansatz erklärt wie folgt:
“The initial frequency with which measuring and test equipment is calibrated is usually based on the equipment manufacturer’s recommendations. As the medical device organization gains experience with the piece of equipment, the frequency of calibration and maintenance may be adjusted, based on a documented rationale”.
Problem Nr. 5: Keine guten Aufzeichnungen.
Kalibrierungsaufzeichnungen sind wichtige Dokumente, die Sie vor der Archivierung überprüfen und bewerten sollten.
21 CFR 820.72 und die ISO 13485:2016 enthalten eine Liste von Informationen, die Sie dokumentieren müssen. Begriffe wie "as-found" oder "as-left" sind unbedingt zu verstehen und richtig zu interpretieren.
Der MDSAP-Auditansatz weist auch darauf hin, dass Sie bei der Überprüfung der Aufzeichnungen darauf achten sollten, dass Sie die Auswirkungen in Situationen, bei denen die Toleranzgrenzen überschritten wurden, prüfen und bewerten.
Fazit: Kalibrierung von Messgeräten
Diese Liste ist eine unvollständige Aufzählung von Fehlern bei der Kalibrierung, die wir in der Praxis häufig beobachten. Dieser Beitrag soll Sie dabei unterstützen, bessere Verfahren einzuführen und gezielte Entscheidungen zu treffen.
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